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Aus dem Vermaß raus und trotzdem drin

11. Juni 2007

Kritik der Premiere von “Faust II” vorgestern abend in der Bad Hersfelder Stiftsruine

Die 57. Bad Hersfelder Festspiele sind eröffnet. Am Samstag nachmittag war Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nach Bad Hersfeld gekommen, als diesjähriger Promi, der die Eröffnungsrede hielt. Petrus meinte es einigermaßen gut: so ließ er den Regen während der Eröffnungsfeier zwar mächtig auf das vorsichtshalber ausgefahrene Zeltdach über der Stiftsruine prasseln – dafür aber blieb die Bühne abends, als „Faust II“ Premiere hatte, fast völlig trocken. Christoph Käppeler hat die erste Neuinszenierung in Bad Hersfeld in diesem Jahr gesehen:

Beitrag von Christoph Käppeler in hr 4 Nordosthessen am 11. Juni 2007

Beitrag als mp3-Datei 

Eigentlich ein wenig seltsam: Zwei Stunden Faust II auf einer Freilichtbühne, und das Publikum ist begeistert. Dabei ist der zweite Teil von Goethes Faustdrama eigentlich schwere Bildungskost. Goethekennerin Anneliese Hartleb aus Kassel war Jahrzehnte lang Geschäftsführerin der Kasseler Goethegesellschaft – und sehr erbaut:

(„Goethe hätte seine helle...sein Faust II.“)

Torsten Fischer hat Faust II. spielbar gemacht – dazu hat er das Drama auf zwei Stunden zusammengestrichen. Und dafür gesorgt, dass der Zuschauer etwas zu sehen bekommt. Eine riesige, blendende Sonne geht in der Apsis der Hersfelder Stiftsruine auf. Sie blendet Faust – gespielt von Martin Reinke – das Licht der Erkenntnis, in das er, der Mensch, nicht hineinschauen kann. Als Schattenriß sitzt Helena vor der Sonne und löst sich schließlich aus ihm heraus. Sie wird von Anna Franziska Srna gespielt – dem Gretchen aus Faust I. Plötzlich taucht auch wieder Mephisto auf – Rufus Beck auch diesmal.

Viele schöne – oder grelle - Bilder beeindrucken den Zuschauer. Etwa dem, wo der Doktor Wagner einen Sack auf die Bühne bringt, aus dem springt der am ganzen Körper weiss geschminkte Homunculus heraus, sein künstlich geschaffener Mensch.

Als Mephisto in der klassischen Walpurgisnacht den Wesen aus der altgriechischen Mythologie begegnet, wird eine großer Sirtaki auf der Bühne getanzt. So wird gezeigt, dass der nordische Teufel Mephisto mit der griechischen antiken Unterwelt nichts anfangen kann.

Ein Bild, das sehr gefangen nimmt, ist das, in dem minutenlang zahlreiche weissgekleidete Statisten durch die beiden Querschiffe der Stiftsruine gehen, laufen – eine einfach schöne bewegte Sequenz, die das Thema Schönheit sinnlich deutlich macht – denn Helenas Schönheit läßt ja den Faust schwärmen.

Faszinierend auch das trickreich vernebelte Unterwasserbecken, aus der die antiken Geister herauskommen.

Auch die Sprache im Hersfelder Faust 2 gefiel mir: Vor allem der Dialog, in dem Mephisto und Faust sich über die Erschaffung der Welt scheinbar in normaler Alltagssprache streiten. Premierenbesucher Konstantin Wecker sieht das auch so:

 („Diese eine Szene...ganz ganz ganz große Kunst!“)

Von Konstantin Wecker stammt die Musik zum Faust II – die unaufdringlich hintergründig das Stück begleitet.

Aktuell ist die Globalisierungskritik, die Torsten Fischer in seinem Faust II betont. Wenn Faust das Meer zurücktreiben will, fordert, dass „die Alten weichen sollen“ und Philemon und Baucis gegen ihren Willen eine neue Wohnung zuweisen will. 

Das einzige, wo mir mehr virtuose Variationen fehlten, waren die Engel, die in vielen Sprachen reden – sie schrien mir zu oft und zu gleichförmig und zu erwartbar.

Der Faust II in Bad Hersfeld – eine tolle Inszenierung – und eine tolle Fortsetzung des Faust 1, der ja auch in diesem Jahr weiter in der Stiftsruine gespielt wird.

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© 2007 Christoph Käppeler

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